Es ist wieder so weit, Weihnachten steht vor der Tür. Weihnachtsbaum, Weihnachtsfeiertage, Weihnachtslieder, Weihnachtsschmuck, Weihnachtsgebäck, Weihnachtskarten, Weihnachtsmann oder Christkind, Heiligabend und Bescherung – das sind einige vertraute deutsche Worte, die wir mit dem Weihnachtsfest verbinden. Doch wie sieht es in anderen Ländern aus? Wie feiern Tschechen und Polen Weihnachten? Einige traditionelle tschechische und polnische Weihnachtsbräuche möchte ich Ihnen gerne vorstellen.
Tschechien
In Tschechien ist der 24. Dezember, der Heilige Abend (Štědrý večer), eher ein familiäres als ein religiöses Fest, bei dem sich die ganze Familie trifft, um gemeinsam zu Abend essen und sich gegenseitig zu bescheren. Die Geschenke werden der Tradition nach vom Christkind (Ježíšek) gebracht, das unsichtbar ist und sich nur mit dem Klingen einer Glocke bemerkbar macht. Eine andere tschechische Weihnachtstradition besagt, dass man den ganzen Tag fasten muss, um am Abend das „goldene Schweinchen“ (zlaté prasátko) sehen zu können. Zum festlichen Abendessen gibt es wohl in jeder tschechischen Familie eine Fischsuppe und danach panierten Karpfen mit Kartoffelsalat. Die Weihnachtskarpfen werden einige Tage vor Weihnachten auf den Straßen und Marktplätzen in großen Bottichen verkauft. Nicht wegzudenken sind an Weihnachten die zahlreichen Weihnachtsplätzchen (cukroví) und das Weihnachtsbrot(vánočka). Während des Abendessens darf man sich nicht vom Tisch entfernen, bevor das Mahl zu Ende ist. Ansonsten wird jemand aus der Tischrunde den nächsten Heiligen Abend nicht erleben. In Tschechien gibt es einige alte Weihnachtsbräuche, die mehr oder weniger auch heute noch Bestand haben. So werden beispielsweise Äpfel geschnitten, um zu erfahren, ob man das nächste Jahr gesund bleibt. Das ist der Fall, wenn in der Mitte des Apfels ein Stern erscheint. Oder man lässt Walnussschalen in einer Schüssel Wasser schwimmen. Wenn die Schalen versinken, bevor sie die Schüssel durchqueren konnten, passiert der Person etwas Schlimmes. Ebenso gehalten hat sich der Brauch, eine Fischschuppe in den Geldbeutel zu legen, damit sich das Geld im nächsten Jahr vermehrt. Selbstverständlich sind heutzutage weihnachtlich geschmückte Wohnungen und Häuser sowie Weihnachtsbäume (vánoční stromeček). Weihnachtsbäume werden auch auf öffentlichen Plätzen aufgestellt (siehe Bild oben) und befinden sich auf jedem Weihnachtsmarkt (vánoční trh). Da die Weihnachtsmärkte auch während der Weihnachtsfeiertage offen haben, sind sie ein beliebtes Ziel für Touristen und für Familienbesuche.
Polen
Höhepunkt der Weihnachtszeit in Polen ist der Heilige Abend (Wigilia), der am 24. Dezember im Kreise der Familie und mit vielen traditionellen Bräuchen gefeiert wird. Es wird ein Weihnachtsbaum (choinka) aufgestellt und geschmückt. Diese in Polen relativ junge Tradition wurde erst im 19. Jahrhundert von den Deutschen übernommen. Früher schmückte man die Wohnungen mit Tannen-, Fichten- oder Kieferzweigen. Beliebt waren auch Getreide-, Heu- und Strohbündel. Etwas Heu wird unter die Tischdecke und unter den Tisch gelegt, als Erinnerung an Christi Geburt in einem Viehstall. Viele Familien legen auch Geld unter die Tischdecke. Auf dem weihnachtlich geschmückten Tisch wird ein zusätzliches Gedeck hingestellt, das an die Verstorbenen erinnern soll. Dieser steht auch jedem unerwarteten Gast offen, der kein Zuhause hat oder es an Heiligabend nicht bis dorthin schafft. Traditionell besteht das Weihnachtsessen (kolacja wigilijna) aus zwölf fleischlosen Gerichten, die an die zwölf Apostel erinnern sollen. Heutzutage wird jedoch die Anzahl der Gerichte nicht mehr ganz genau eingehalten. Serviert werden Bliny (Puffer aus Hefeteig), Bohnen, Erbsen, Grütze, Äpfel, Nüsse, Honig und Fisch. Von jeder Speise muss mindestens einmal gekostet werden. Sämtliche Vorbereitungen müssen beendet sein, wenn der erste Stern am Himmel erscheint. Dann setzt sich die Familie an den Tisch, liest die Geschichte von Christi Geburt aus der Bibel vor und betet gemeinsam. Danach kommt der wichtigste Teil des Abends, die Teilung der geweihten Oblate, des heiligen Brotes, als Zeichen der Versöhnung, der Liebe, der Freundschaft und des Friedens. Mit diesem für Polen sehr typischen Oblatenbrechen beginnt immer das Familienoberhaupt. Jeder bricht ein Stück der Oblate eines Anderen ab, isst es und wünscht ihm alles Gute, Gesundheit und frohe Weihnachten. Nach dem Essen werden Weihnachtslieder (kolędy) gesungen. Jedes Familienmitglied bekommt für seinen Geldbeutel eine Fischschuppe, die für Wohlstand im nächsten Jahr sorgen soll. Um Mitternacht geht die ganze Familie in eine festlich geschmückte Kirche zur Mitternachtsmesse (pasterka).
Sowohl in Tschechien als auch in Polen verbringt man die folgenden Tage im Kreise der Familie und mit Verwandtenbesuchen. Alle wünschen sich dann gegenseitig Frohe Weihnachten: „Veselé Vánoce“ (Tschechisch) und „Wesołych Świąt“(Polnisch).
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