Berlin: Sonne. Münster: Regen. Doch meine gute Laune hält. Und das ist schon mal etwas, schließlich bin ich endlich nach vier Stunden Fahrt im vollen Zug und einer Odyssee durch die Gassen der Innenstadt bei strömendem Regen im Hotel angekommen. Es ist Freitag, der 26. April 2013: An den kommenden zwei Tagen findet in der westfälischen Metropole die Mitgliederversammlung des Bundesverbandes der Dolmetscher und Übersetzer e.V. statt.
Jeweils zwei bis drei Vertreter der einzelnen Landesverbände und des Verbandes der Konferenzdolmetscher (VKD) sowie der gesamte Bundesvorstand und einige Referenten wie der Verbandsberater Prof. Dr. Christoph Hommerich oder die PR-Beraterin Birgit Golms sind zusammengekommen. Unser Landesverband wird hier vom 1. Vorsitzenden Michael Failenschmid, der 2. Vorsitzenden Nicoletta Negri und von mir in der Funktion der Referentin für Öffentlichkeitsarbeit vertreten.
Rechenschaftsberichte
Auf der Tagesordnung standen die für jede Mitgliederversammlung üblichen Punkte wie die Feststellung der Beschlussfähigkeit, die Genehmigung der Tagesordnung sowie des Protokolls der letzten Mitgliederversammlung in Bremen oder die Beschließung des Haushaltsplans für das Jahr 2013. Jedes Mitglied des Bundesvorstandes hatte vorab einen schriftlichen Tätigkeitsbericht abgegeben und beantwortete den anwesenden Vertretern der Mitgliedsverbände dazugehörige Fragen. Neben dem Präsidenten André Lindemann selbst, der Bundesschatzmeisterin Ingrid Nøkleby-Braun und dem Kassenprüfer waren es die Vizepräsidenten Monika Eingrieber, Susanne Fülle-Delbarre, Norma Keßler, Ralf Lemster und Karl-Heinz Trojanus sowie der Geschäftsführer der BDÜ Weiterbildungs- und Fachverlagsgesellschaft mbH Wolfram Baur. Der gesamte Bundesvorstand wurde entlastet.
Auch die einzelnen Landesverbände haben über ihre Tätigkeiten im letzten Jahr schriftlich berichtet. Angesicht der teilweise sehr großen Differenzen bezüglich der Größe und der Mitgliederzahl fielen die Aktivitäten sehr unterschiedlich aus.
Strukturreform
Das Problem mit der ungleichmäßigen Verteilung der Mitglieder auf die einzelnen Landesverbände wurde auch mehrmals von Professor Hommerich thematisiert, der auf der Mitgliederversammlung die von ihm ausgearbeiteten Eckpunkte der BDÜ-Strukturreform vorstellte. Er kritisierte die sehr hohe Belastung der ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitglieder, insbesondere des Präsidenten, und plädierte für eine Verteilung der Arbeit auf mehrere Köpfe, um dadurch zur Entlastung der Vorstände beizutragen. Außerdem müssten Kommunikationsregeln, einheitliche Rahmen für Flyer, Newsletter, Messematerial, Internetauftritt usw. sowohl für die Bundesebene als auch für die einzelnen Mitgliedsverbände geschaffen werden, damit doppelte Kosten und Zeit gespart werden. Ein weiterer Vorschlag ist die Bildung von Gremien (Weiterbildung, IT-Entwicklung, Nachwuchswerbung, Vergütungspolitik, Werbung- und Öffentlichkeitsarbeit), um Arbeit und Kräfte zu bündeln. Seine konkreten Änderungsvorschläge wird er im Juni in einem schriftlichen Bericht vorstellen. Sehr gelobt hat er die BDÜ-Plattform „MeinBDÜ“, die ein enormes Potenzial biete. Die bereits gegebenen technischen Möglichkeiten müssten nur vor allem seitens der Mitglieder mehr genutzt werden. Das oberste Ziel des BDÜ sollte laut Prof. Hommerich die Profilierung der Dolmetscher und Übersetzer als Experten mit hoher gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Resonanz sein. Die von ihm vorgestellten Strukturänderungen haben eine lebhafte Diskussion ausgelöst, die sich auch in den Pausen fortsetzte. Die Umsetzung der BDÜ-Strukturreform wird ein langwieriger Prozess sein, verbunden mit Umdenken und jeder Menge Arbeit sowohl auf der Bundes- als auch auf der Landesebene.
Kommunikationskonzept
Mit Spannung wurde auch das Kommunikationskonzept der PR-Beraterin
Birgit Golms erwartet. Als Stärken des Verbandes hob sie u.a. seine Größe, die regionale Vernetzung, MeinBDÜ, die hohe Fachkompetenz und das große Engagement der Akteure heraus. Kritisch hingegen sah sie die selbst gemachten Webseiten und Broschüren, den fehlenden einheitlichen Auftritt des BDÜ insgesamt, das verstaubte Corporate Design, die nicht gesteuerte interne Kommunikation oder fehlende finanzielle und personelle Ressourcen. So wie Professor Hommerich sprach sie sich für ein einheitliches Erscheinungsbild des BDÜ und der Mitgliedsverbände aus. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Birgit Golms vier Hauptziele für eine erfolgreiche Kommunikation formulierte: 1. ein modernes Image schaffen (Facelift, Logo auffrischen, neuer Claim, moderne Webseite usw.), 2. professionelle und einheitliche Kommunikation in Wort und Bild und 3. die Bekanntheit des BDÜ durch selbstbewusste Eigen-PR weiter erhöhen. Am Ende ihrer Präsentation stellte die PR-Beraterin zudem die nächsten Presseprojekte vor.
Einen Aspekt der Kommunikation hat der BDÜ bereits jetzt in Angriff genommen und die Webseite des Bundesverbandes neu konzipiert und modern gestaltet. Zurzeit wird noch an neuen Texten gearbeitet.
Wahlen
Am zweiten Tag stand u.a. die turnusmäßige Wahl eines Teiles des Bundesvorstandes, der BAK-Prüfer, der Kassenprüfer und des Vorsitzenden sowie des stellvertretenden Vorsitzenden des Ehrengerichts auf der Tagesordnung. Es wurden zwei neue Vorstandsmitglieder gewählt: Dr. Thurid Chapman vom Landesverband Sachsen-Anhalt wird das Ressort „Dolmetschen und Übersetzen im juristischen Bereich“ betreuen und Francisco Kuhlmann vom Landesverband Bremen und Niedersachsen wird sich mit der Präsenz des BDÜ in den Sozialen Medien befassen. Wiedergewählt wurden Norma Keßler (Öffentlichkeitsarbeit), Ralf Lemster (Übersetzer und Dolmetscher als Unternehmer, IT)und Karl-Heinz Trojanus (MDÜ, Terminologie und Übersetzungswissenschaft). Durch die Besetzung von zwei neuen Posten im Bundesvorstand verspricht sich der BDÜ eine Verteilung der Themenbereiche auf mehrere Schultern und dadurch eine bessere und schnellere Bewältigung der Schlüsselfragen.
Des Weiteren wurden Dr. Claus Cornelius in seiner Funktion als Vorsitzender des Schiedsgerichts und Rechtsanwalt Hermann Bauch als stellvertretender Vorsitzender des Schiedsgerichts bestätigt. Die drei bisherigen Mitglieder in der Jury zur Verleihung des Hieronymus-Preises des BDÜ haben sich zur Fortsetzung ihrer Tätigkeit bereiterklärt.
Diskussionen
Am Ende der Mitgliederversammlung wurde noch über verschiedene Themen diskutiert wie zum Beispiel über die Unterstützung der Bundeswehr-Dolmetscher in Afghanistan, den Berliner Kreis oder die Aufnahme von URLs in die Fachlisten. BDÜ-Präsident André Lindemann verstand es während der gesamten Mitgliederversammlung, die Sitzung so zu leiten, dass ein angemessener Spagat zwischen diszipliniertem Ablauf und kreativem Freiraum für Diskussionen gelang. Zum Schluss folgte der Hinweis auf die nächste Mitgliederversammlung des Bundesverbandes der Dolmetscher und Übersetzer e.V. am 19. und 20. Oktober 2013 in Weimar.
Rahmenprogramm
Der Landesverband Nordrhein-Westfalen erwies sich als guter Gastgeber. Das für die Mitgliederversammlung ausgesuchte Hotel war eine gute Wahl. Die ein bisschen zu kleinen Einbettzimmer wurden mit einem großzügigen Konferenzraum, reichhaltigem Frühstücksbüfett, leckerem Mittagessen und hilfsbereitem Personal kompensiert.
Das Auftaktessen am Freitagabend fand in einem nah gelegenen Restaurant statt. Auf dem Weg zum Abendessen habe ich mir als erstes einen Regenschirm gekauft. Das gute Essen und die netten Gespräche mit Kollegen aus verschiedenen Landesverbänden haben meine Stimmung noch verbessert. Am Ende war es ein sehr gelungener Abend, der die Strapazen des Tages schnell vergessen ließ.
Auch am Samstag wurde für ein entsprechendes Rahmenprogramm gesorgt. Nach stundenlanger Tagung hatten wir es uns auch verdient. Wie passend, dass wir nach langem Sitzen die Wahl zwischen zwei Stadtrundgängen hatten. Einige Kollegen haben sich auf die Spuren von Wilsberg, Boerne und Thiel begeben und Münster als eine Krimi-Stadt entdeckt. Ich habe mich für den unterhaltsamen Altstadtrundgang mit Korn und Pumpernickel entschieden und Interessantes über die Stadthistorie erfahren. Das gemeinsame Abendessen im Traditionslokal Drübbelken war vor allem Dank der netten Gespräche in lockerer Atmosphäre ein schöner Abschluss eines langen Tages. Dachte ich zumindest. Doch kaum im Hotel angekommen, wurde ich an der Hotelbar auf einen Drink in einer Runde netter und unterhaltsamer Kolleginnen und Kollegen eingeladen.
Überhaupt war für mich einer der Schlüsselerlebnisse meiner ersten Mitgliederversammlung auf der Bundesebene die familiäre Atmosphäre und die kollegiale Unterstützung. Zwar wurde ich sofort von den erfahrenen Kolleginnen und Kollegen, die sich oft schon seit Jahren für den BDÜ auf der Landes- oder Bundesebene aktiv angagieren, als Neuling „entlarvt“. Ich wurde jedoch sehr freundlich aufgenommen.
Am Sonntag hat sich sogar die Sonne gezeigt, so dass ich erschöpft aber gut gelaunt und voller neuer Erlebnisse die Heimreise antreten konnte.
Dieser von mir verfasster Artikel ist in gekürzter Fassung im Berliner Rundbrief (Nr. 148) erschienen.
2 Kommentare
Hallo Iva,
ein sehr hübscher Bericht – die Lektüre hat Spaß gemacht.
Auf ein Wiedersehen in Weimar
Francisco
Vielen Dank, Francisco!